Was bedeutet es eigentlich, wenn Sonnenbrillen
häufig auf der Stirn, statt auf der Nase getragen werden? Ist das
nur Mode? Und was „sagt“ uns die Inneneinrichtung von Wohnungen oder
Praxisräumen? Welche Sinnstruktur verbindet Möbel, Beleuchtung,
Pflanzen, Kuscheltiere und Bilder? Ist das „nur“ der persönliche
Geschmack? Bildhafte Inszenierungen in Alltag und Beruf können als
Erkenntnisquellen gelten, die uns zu einem besseren Verständnis
unserer Zeit verhelfen. Der Workshop bietet kunstanaloge Sichtweisen
auf Alltägliches. Er legt den Transfer zur eigenen beruflichen
Tätigkeit nahe und verfeinert das immer notwendige
„Fingerspitzengefühl“ für das Einzigartige eines jeden Settings.
Im Workshop werden Wahrnehmungen und
Einordnungen, die sich im (Berufs)Alltag am Rande unserer
Aufmerksamkeit bewegen, in den Mittelpunkt unseres Interesses
gerückt und gemeinsam untersucht. Zur Einstimmung dazu werden wir
einen überraschungsreichen Stadtrundgang zu temporären öffentlichen
Ausstellungen in Freiburg unternehmen. Impulsvorträge des
Workshopleiters thematisieren darüber hinaus Fallbeispiele visueller
Erscheinungen aus Film, Sport und Kunst. Und gemeinsame praktische
Analyseübungen der Teilnehmer dienen der Einübung in eine
künstlerische Haltung gegenüber dem visuell Wahrnehmbaren im eigenen
beruflichen Umfeld. Dem systemischen Ansatz in Beratung, Coaching
und Therapie entsprechend, sind dabei nicht die Themen, sondern das
„Wie“ der Annäherung wichtig. Künstlerische Haltung ist eine auf
Wahrnehmung spezialisierte Offenheit gegenüber dem Sichtbaren.
Auch in Visualisierungen von
Unternehmenskonzepten etwa oder in so genannten Unternehmensimages
realisiert sich eine nicht intendierte und unter Umständen
kontraproduktive Bedeutungsstruktur. Es sind tatsächliche Bilder.
Sie können künstlerisch analysiert und nachvollziehbar rekonstruiert
werden. Künstlerische Erfahrung lehrt, dass die sichtbare Oberfläche
der Dinge ihre ganze Wahrheit ist und nichts verbirgt. So wirken
auch „bloße Fassaden“:
Um ein Mädchen vom Lande zu verführen,
veranstaltet Casanova einen Hokuspokus mit seinen 'übernatürlichen
Kräften’. Er zeichnet einen 'magischen' Kreis auf den Boden. Kaum
ist der Kreis vollendet, bricht ein Gewitter los. Der 'Meister'
erschrickt und springt flüchtend selbst in seinen Kreis. — Im
entscheidenden Augenblick war die Macht des Bildzeichens stärker als
das aufgeklärte Bewusstsein des Verführers. Kaum war der Zirkel
geschlagen, wurde seine Kraft wirksam und entmachtete das bessere
Wissen des Helden. Was vielleicht als Schein oder Bluff gedacht war,
ist keiner. Bilder sind wahr.
Die Einübung in eine künstlerische Haltung und
die Erweiterung des Wahrnehmungsfeldes im Workshop verspricht
Unterstützung in der eigenen Fallarbeit, verbessert die Fähigkeit
zur Reflexion beruflichen Handelns und dient der Weiterentwicklung
eigener visueller Ressourcen.
Die Teilnehmer dieses methodenpraktischen
Workshops können gerne frei zu wählende Materialbeispiele aus der
Praxis mitbringen: Zum Beispiel Schnappschuss-Fotos oder Videos
(3-5Min) von Räumen oder selbst gefertigte Videomitschnitte (3-5Min)
professionellen Handelns. Im Sinne des Workshops ist das
wünschenswert, eröffnen solche „Mitbringsel“ doch eine weitere
Chance für unvoreingenommene Blicke und überraschende Perspektiven
und erlauben eine professionelle Rückmeldung auf die eigenen
Räumlichkeiten, des Logos oder Visitenkarten.
Das Workshopangebot richtet sich an Menschen,
die an einer künstlerischen Erweiterung ihres Wahrnehmungsspektrums
interessiert sind. An BeraterInnen, SupervisorInnen und
TherapeutInnen, die sich aus künstlerischer Sicht mit ihrem
Arbeitsfeld auseinandersetzen wollen und Interesse haben ihren Blick
zu schulen und damit Verständnis, Achtsamkeit und erweiterte
Wahrnehmung gegenüber bildhaften Ausdrucksgestalten zu gewinnen.